Steinbocktour

Es ist mittlerweile schon eine feste Größe im Jahr, das mein bester Freund und ich ein paar Tage auf Reise gehen und irgendeine Tour in der Natur unternehmen. Feste Größe nicht zeitlich gesehen, sondern einfach nur, dass wir etwas gemeinsam unternehmen.
Anfang des Jahres hatten wir uns dazu zusammengesetzt und für dieses Mal eine Wanderung in den Bergen beschlossen. Nach längeren Recherchearbeiten haben wir uns die Allgäuquerung als Hüttentour herausgesucht, die als Steinbocktour beworben wird.
Mit großer Erwartungshaltung sind wir also in die Alpen gereist, da zum einen das mehrtägige Bergwandern als auch die Übernachtung auf Berghütten noch nie in unserem Lebenslauf gestanden hatte.
Also starteten wir den ersten Tag mit der Anreise per Zug. Es kann fast drüber hinweggesehen werden, dass wir standesgemäß mit einstündiger Verspätung das Ziel Oberstdorf erreichten, doch weit schlimmer wogen der Ausblick auf wolkenverhangene Berge und dauerhaft anhaltender Regen. Am Morgen des zweiten Tages dann als erstes der Blick aus dem Fenster der Talpension und wieder gab es nur Regen zu sehen. Man konnte das Frühstuck ausdehnen wie man wollte – das einzige was gegen den Regen half waren wasserfeste Klamotten.
Nachdem wir uns unten an der Talstation der Fellhornbahn absetzten ließen, starteten wir den Aufstieg Richtung Fiderepass, wo die erste Nacht in der Fiderepass-Hütte (2070 m) anstand. Bereits nach 10 Minuten wusste man nicht mehr, ob die Tropfen im Gesicht allein dem Schweiß, oder dem Regen zuzuordnen sind. Eigentlich egal, denn durchnässt war man so oder so. Der Regen und Nebel war teilweise so stark, dass es schwierig war die Wegmarkierungen zu erkennen. Endlich oben angekommen, die ganzen Klamotten im Trockenraum aufgehängt, konnte man sich in der behaglich geheizten Stube aufwärmen. Dann kam die erste Nacht im Matratzenlager, wo man schon ein sehr tiefer Schläfer sein muss, um dort ordentlich schlafen zu können. Oropax sind absolut empfehlenswert und auch Empfindlichkeiten gegenüber häufig aufstehenden Mitschläfern sollten nicht vorliegen. Sei es drum, der nächste und damit dritte Tag startete mit einem grandios schönen Wetter. Endlich konnte man herausschauen und das Alpenpanorama genießen. Nach dem Frühstück (offiziell als „großes Frühstück“ benannt – was ich selbst bei nur 2 Scheiben Brot + Belag so nie nennen würde) ging es dann auf die Etappe über die Fiderescharte und den Krumbacher Höhenweg zur Mindelheimer Hütte (2013 m). Der Weg durch die Fiderescharte selbst ist mit teilweiser Drahtseilsicherung versehen und bietet beste Panoramen, die es bei der super Wetterlage natürlich zu fotografieren galt. Hinter diesem Teilstück hatten wir dann auch die Möglichkeit in weiter Entfernung erste Murmeltiere und einen Steinbock zu sehen, nach dem die ganze Tour ja benannt ist.
Nachmittags nach der Lagervergabe stiegen wir auf, um noch das Gipfelkreuz des Kemptner Köpfle (2191 m) zu erreichen. Dort wandelte sich das Wetter so schnell, sodass wir alle paar Minuten in der totalen Nebelwand und dann wieder bei bester Aussicht die Zeit genießen konnten. Auf dem Rückweg kam dann das Highlight der Steinbockbegegnung. Durch den Zufall, dass eine Wanderin einen Hund dabei hatte (was für diese Höhen und Zuwege schon sehr ungewöhnlich ist) fühlte sich der Steinbock angezogen und kam über die Zeit immer näher und näher. Man hatte das Gefühl, dass der er schnell zeigen wollte wem das Revier gehört und das es ihm nicht streitig zu machen ist. An sich eine perfekte Situation um einige Fotos von ihm zu schießen. Tag vier der Tour hatte als Ziel die Rappensee Hütte, die auf 2091 Metern liegt. Um dorthin zu kommen ist allerdings erstmal ein Abstieg in das Tal auf rd. 1500 Metern notwendig, wo es leider auch wieder so stark regnete, dass alles durchnässt war. Auch ein Gewitter kam dazu, was beim Wandern in den Bergen nicht gerade passend ist. Zum Glück ließ aber auch das wieder nach, denn beim Aufstieg am Schrofenpass bzw. durch den Mutzentobel ist gute Trittsicherheit notwendig, da es sich um eine alpine Weganlage handelt. Am späten Nachmittag setzte erneut Regen ein, aber da befanden wir uns schon auf der Hütte. Aber auch hier verzog sich der Regen bald und wir konnten die Zeit nutzen, um in die Scharte der Hochgundspitze zu steigen und tolle Fotos vom Rappensee zu machen. Vom vierten auf den fünften Tag galt es ausgeschlafen in den Morgen zu starten. Es stand die große und herausfordernde Tour über den Heilbronner Weg an. Dieser Weg erfordert Schwindelfreiheit, hohe Trittsicherheit und alpine Erfahrung. Über den Weg selbst ist leider von vielen traurigen Zwischenfällen zu berichten, aber wenn das Wetter gut ist sollten die Panoramen entsprechend entschädigen. Und so war es dann auch – nach langem Zaudern, Abwägen und Überlegen starteten wir in Richtung Heilbronner Weg. Hier war es notwendig die Wanderstöcke wegzupacken, denn hierbei ging es fast ausschließlich ums Bergsteigen und nicht ums Bergwandern. Jeder Schritt musste fokussiert und konzentriert aber ruhig gegangen werden, denn die Hänge sind steil und die Schneefelder sehr glatt. Es gehörte schon einiges an Überwindung dazu sich über Trittleitern und steile Abhänge zu bewegen. Als wenig hilfreich habe ich empfunden, wenn Wanderer uns entgegenkamen und sagten, dass sie eben diese Stücke nicht schaffen und eher wieder umkehren. Schlussendlich haben wir es diese wirklich anstrengende Etappe mit leichten Blessuren geschafft und dabei auch gleichzeitig den höchsten Punkt unserer Route mit 2615 Metern (Steinschartenkopf, Nähe des Wilden Mannes und der Mädelegabel) gemeistert. Ziemlich ausgepowert erreichten wir dann nach ca. sieben Stunden unsere letzte Unterkunft die Kemptner Hütte auf 1846 Metern. Um ehrlich zu sein war es eine Hütte zum „Abgewöhnen“. Man gewann den Eindruck, dass hier so viele Menschen untergebracht waren, dass es schon nicht mehr ausreichend Kapazitäten hinsichtlich Waschräume und generellen Sitzmöglichkeiten gab.
Sofern ich mir eine Hütte selbst zusammenzimmern könnte, würde ich die Kombination aus Hüttenwirt + Bettenlager + Frühstück der Rappenseehütte gepaart mit der Stube + des Trockenraums der Fiderepass-Hütte wünschen. Aber nun gut, in der Kemptner-Hütte weilten wir die letzte Nacht unserer Tour und starteten von dort am sechsten und letzten Tag wieder zurück ins Tal entlang des Sperrbachtobels Richtung Spielmannsau. Und so durchwachsen wie das Wetter sich in diesem Sommer in den Alpen zeigte, so passte es auch sehr gut dass ein paar Minuten nach dem Einlauf zu unserem Tourende der Regen wieder einsetzte.

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Mit einer Menge Bergbegeisterung, tollen Erfahrungen, Eindrücken und etwas mehr als 6000 Höhenmetern (auf + ab) auf der Uhr ging es wieder zurück in die Heimat. Natürlich habe ich einige mehr Bilder gemacht, die hier in größerer Fassung anzusehen sind: https://flic.kr/s/aHsk1cTMQW

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